Der Altarstein trägt die Inschrift 1610
Im Jahr 1790 wurde die Nikolauskirche in Ottenhausen erbaut.
Der Altarstein trägt jedoch auch die Jahreszahl Inschrift 1610.
Er ist Zeugniss dafür, dass auch zuvor schon eine Kirche in Ottenhausen vorhanden war.
An Pfingsten 2010 wurde im Gottesdienst daran erinnert.
Liebe Gemeinde
Wenn wir durch unsere Orte gehen, dann sehen wir manchmal an Torbogen Inschriften – Jahreszahlen – die auf das Erbauen des Hauses hinweisen.
Hier soll uns eine solche Inschrift beschäftigen die hinten auf dem
Altarstein in der Nikolauskirche in Ottenhausen.
Vor 400 Jahren also 1610 muss wohl hier in Ottenhausen, ein Altar entstanden sein - vermutlich an der Stelle wo heute die Nikolauskirche stand. Er ist dann das einzige Überbleibsel der alten baufälligen Kirche die 1790 dem Neubau weichen musste.
Was war hier los im Jahr 1610?
Wie sah die Gemeinde aus – wer war aktiv in dieser Kirchengemeinde?
In einer Kirche, die vor 1790 schon an dieser Stelle gestanden haben
muss und wegen Baufälligkeit durch den Neubau der Nikolauskirche
ersetzt wurde.
Lassen sie uns mit Hilfe ein paar ganz einfacher Quellen
einen Blick zurückwerfen
In der Hauptsache habe ich zwei Quellen zur Verfügung
Einmal die Gemeindechronik Straubenhardt von 1995
Zum anderen das Ortsfamilienbuch Ottenhausen das ja 2009 erschienen ist.
Der Verfasser des Ortfamilienbuches Ottenhausen fängt im Jahr 1559 an.
Der erste Pfarrer der Gemeinde Johannes Stöffler hat 1543 aufgehört hier Pfarrer zu sein Eintrittsjahr ist unbekannt.
Eine unstete Zeit
im Durchschnitt blieben die 14 Pfarrer zwischen 1553 und 1608 3 ½ Jahre
einer davon war immerhin 20 Jahre da Paul Scheyring 1578 – 1598
In den nächsten 10 Jahren bis 1608 sind fünf Namen als Pfarrer verzeichnet also manch einer war nicht mal ein ganzes Jahr da.
1608 nun kam Bartholomäus Gessler nach Ottenhausen.
Davor war er 2 Jahre lang Diakon in Wildbad.
Sein Vorgänger Jakob Burg hat wohl hier ausgeholfen 1608 - war aber irgendwie auch in Grünwetternsbach tätig – das gehörte damals zu Württemberg und wurde erst später gegen Herrenalb eingetauscht - hinüber ins Badische.
Dass nun eine Kirche gebaut werden soll in dieser Zeit muss wohl auch ein Verdienst dieser Menschen gewesen sein und mit ihnen eine ganze Reihe heute unbekannter Ottenhäusener Bürger.
Bartholomäus Gessler hat wohl eine zentrale Rolle gespielt und auch ein bemerkenswertes Schicksal erfahren.
Als 30 jähriger trat er 1608 die Pfarrstelle in Ottenhausen an.
Sein Geburtsort ist Möttlingen.
1606 hat er in Wildbad Ursula Weckmann geheiratet.
Sieben Kinder hatte die Pfarrersfamilie
alle wurden in Ottenhausen geboren.
Das zweite Kind - Ursula wurde wohl schon an diesem Altarstein getauft – es hat am 14.08.1610 das Licht der Ottenhäusener Welt erblickt.
Im Straubenhardter Heimatbuch lesen wir (Seite 59) über die Anzahl der regelmäßigen Kirchenbesucher (Communicanten – Abendsmahl Gäste) die Zahlen
1605 179
1617 222
Und über die Zahlen der Katecheten ( christenlehrpflichtige Jugend )
1605 38
1617 125
also eine aufstrebende Gemeinde also
Auf Seite 63 lesen wir im Straubenhardter Heimatbuch unter dem Titel:
„Streitigkeiten der benachbarten Dörfer untereinander"
Dass Menschen, denen Armut die Kehle würgt, sich vielfach illegale Lösungen zur Linderung ihrer Not suchen, erweisen die einzelnen Gerichtsprotokolle unserer Dörfer zur Genüge.
Dass die individuellen Streitigkeiten auch über die Grenzen der jeweiligen Dorfgemarkung hinausgehen, ist bei den engen Verhältnissen in unserer Region durchaus verständlich. Dass aber auch im Kollektiv Gemeinden untereinander Streitigkeiten auszufechten haben, darf bei der drückenden sozialen Lage gewiss nicht verwundern. Zumeist geht es dabei um das leidige Geld, und die Finanzlage der einzelnen dörflichen Bürger, aber auch der Gemeinden insgesamt war stets äußerst prekär, wobei allerdings Feldrennach oder auch Ottenhausen sich einer gewissen Wohltätigkeit erfreuen durften.“
Ja und dann kam der große Krieg.
1618 – 1648 der dreißigjährige große Glaubenskrieg – der wohl auch unsere aufstrebende Gemeinde in arge Mitleidenschaft gezogen hat – der ganze Landstriche entvölkerte – und viel Leid um des rechten Glaubens willen über die Menschen gebracht hat.
Unser Altarstein hat es überdauert.
Ich komme noch einmal auf unseren Bartholomäus Gessler zurück und das Jahr 1635 – also mitten im Krieg.
Die Pest greift um sich und entvölkert ganze Landstriche.
Wir lesen im Ortfamilienbuch folgendes:
Ursula Gessler, die Ehefrau, gestorben 18.08.1635 in Vaihingen
10 Tage später
Anna Ursula – das fünfte Kind der Familie geboren 21.09.1616 gestorben 29.08.1635 in Vaihingen an der Enz 19 Jahre alt
11 Tage später
Bartholomäus Gessler gestorben 09.09.1635 in Ottenhausen
Was diese Zahlen genau bedeuten wird vielleicht nicht mehr nachvollziehbar sein.
Der Krieg – die Pest – Armut – Not holten sich ihre Opfer
Seit ich mir vorgenommen habe über 1610 hier zu berichten
bin ich sehr bewusst mit diesen Zeiträumen, dieser Zeit umgegangen.
Aber es können alles nur Vermutungen sein darüber,
wie es damals hier ausgesehen hat.
Wer schreibt schon Geschichtsbücher über die einfachen
Lebensverhältnisse auf dem Land?
Dass Galilei im gleichen Jahr sein Fernrohr erfunden hat,
wird wohl nicht als Nachricht hier angekommen sein.
Die Nicolauskirche ist ja 1790 erbaut.
Der Stein zeugt davon, dass an dieser Stelle schon vor 400 Jahren
eine Kirche errichtet wurde.
Wenn er erzählen könnte – so manches könnte er berichten aus seiner 400 Jährigen Geschichte.
Von Taufen - Konfirmationen - Hochzeiten und Beerdigungen
Von Pfarrern
34 an der Zahl seit Bartholomäus Gessler
Von vielen Weihnachten – Ostern – Pfingsten
und vielen anderen kirchlichen Festen
Von Sorge und Hoffnung
Glaube und Zweifel
Ja, wenn er erzählen könnte .....
Zusammengestellt von Gustav Bott.
Stand: März 2015